56/I/2021 Der digitalen Welt begegnen – Bildung digital denken

Status:
geändert angenommen

Bildung ist ein Menschenrecht. Lebenslang erfahren Menschen Bildung, um sich selbst fortzubilden, sich neuen potentiellen Interessen zu öffnen oder auf Grundlage von Bildung eine Berufsrichtung oder ein neues Hobby kennenzulernen. Bildung ist allumfassend – so will es zumindest die Theorie.

Die Praxis sieht dagegen anders aus. Schulen und Universitäten sind gnadenlos unterfinanziert – vor allem im ländlichen Raum sind Kreidetafel und VHS-Kassette noch die Mittel der Wahl. Der Digitalpakt wird daran wenig ändern. Das Jahr 2019 scheint bislang noch nicht überall angekommen zu sein – dieser traurigen Realität müssen wir uns aktiv entgegenstellen.

Eine zentrale Erkenntnis ist die, dass moderne Bildung – oder auch: digitale Bildung –  längst nicht auf die Ausstattung von Bildungseinrichtungen begrenzt ist. Was passiert, wenn diese verengte Sicht dominiert, sieht man aktuell in vielen Einrichtungen: Sogenannte Interaktive Whiteboards wurden für viel Geld angeschafft und aufgebaut, genutzt wird die neue Technologie von Politik und Verwaltung allerdings nicht. Möchte man heute als Lehrkraft ein solches Gerät aktivieren, scheitert man an veralteter Software oder abgelaufenen Lizenzen. Die Krux der Whiteboards ist nämlich die, dass ihre Verwendung wartungsintensiv ist und viele Programme nur eine gewisse Zeit lang von den Unternehmen wie SMART unterstützt werden. Hier entstehen ganz praktische Probleme, denen sich die Schulträger schnellstmöglich und qualifiziert annehmen müssen!

Eine weitaus fundiertere Sicht auf Digitale Bildung hat die Gesellschaft für Informatik e.V. in ihrer Dagstuhl-Erklärung eröffnet. Sie fordert zunächst eine medien- bzw. allgemeine Pädagogik der digital vernetzten Welt, die Bildung „aus technologischer, gesellschaftlich-kultureller und anwendungsbezogener Perspektive“ betrachtet. [1] Es geht also darum, nicht nur die Handhabe von digitalen Medien zu erlernen, sondern auch die Funktionsweise aus informatischer Sicht, als auch die Wirkmechanismen auf die Gesellschaft in einem Dreiklang zu behandeln. Um diese Bildung zu vermitteln, verlangt es grundlegende Mediencurricula für alle Schulformen, Jahrgänge und Fächer. Solange die Digitalisierung nicht mit all ihren Chancen und Risiken im Unterricht und der Institution Schule ankommt, laufen wir Gefahr, von ebenjener Entwicklung überholt zu werden.

Die Arbeitswelt wird zunehmend digitaler. Viele Berufsfelder befinden sich bereits jetzt in einem Wandlungsprozess, der viele Menschen zurücklässt und vielleicht überflüssig machen kann. Neue Berufsfelder tun sich dagegen auf und benötigen qualifiziertes Personal. Solange die Heranwachsenden allerdings im Schulsystem der Industrialisierung und der Preußenzeit weiterhin im Rahmen simpler Wissensvermittlung geschult werden, wird es an diesem Personal fehlen. Auch hier tut sich ein Problemfeld auf: Ohne eine Bildung über Medien wird eine Bildung mit Medien nicht mehr ausreichen. Auch der Fachunterricht muss sich anpassen. Der Fokus muss zukünftig mehr denn je auf dem Kompetenzerwerb liegen – und neue Felder wie Selbstverwirklichung und Glück erschließen. Ästhetische, soziale, kooperative und kreative Kompetenzen werden in einer digitalisierten Welt die Rolle vieler menschlicher Aufgaben darstellen. [2]

An all diesen neuen Herausforderungen hat die Politik bislang keine Führungsrolle angenommen. „Bildung als Schlüssel für Umgang und Gestaltung der digitalen Revolution“ wird zwar gerne auf Sonntagsreden proklamiert, im Bildungssektor kommt davon allerdings viel zu wenig an. Der bereits angesprochene Digitalpakt ist dabei ein Anfang, wohl aber lediglich finanzieller Art. Privatwirtschaftliche Stiftungen und Initiativen dagegen fördern digitale Schulen aus der Perspektive der Schulentwicklung und zeichnen eben jene aus, bilden Netzwerke und laufen der öffentlichen Hand den Rang ab. [3]

Nicht zuletzt liegt es an der Aus- und Fortbildung der Lehrer*innen, um ein ganzheitliches Verständnis von Digitaler Bildung selbst zu verinnerlichen und dann auch im Unterricht aufzuzeigen. Hier sehen wir die Länder in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um digitale Kompetenzen in die Lehramtsstudiengänge aller Fächer zu implementieren und zu fördern. Nur, wenn die Lehrkräfte als Multiplikator*innen in ihren Einzelschulen das Thema proaktiv in den Alltag einbetten, kann die Schulentwicklung vor Ort gelingen. Top-Down-Regelungen müssen mit Bottom-Up-Bewegungen kombiniert werden, um schnellen Wandel herbeizuführen.

Konkret fordern wir also:

  • Digitale Bildung, in Anlehnung an das Dagstuhl-Dreieck, statt veralteter Medienbildung in die Curricula aller Fächer implementieren
  • Flächendeckende Fort- und Weiterbildungen für Lehrende aller Bildungsinstitutionen von Kita über Schule bis zur Hochschule anbieten
  • Die Ausbildung künftiger Lehrkräfte verpflichtend um digitale Kompetenzen erweitern
  • Einen ganzheitlichen, digitalen Wandel an den Schulen durch langfristige Förderprogramme und eine bundesweite Grundfinanzierung sicherstellen
  • Lehrpläne dem digitalen Wandel anpassen durch stärkere Fokussierung auf soziale, ästhetische, kommunikative, kreative, problemlösungsorientierte und auf die Selbstverwirklichung bezogene Kompetenzen

Anmerkungen:

[1] http://dagstuhl-dreieck.de/

[2] Vgl. dazu vertiefend. Olaf-Axel Burow (2014). Digitale Dividende. Ein pädagogisches Update für mehr Lernfreude und Kreativität in der Schule. Weinheim: Beltz.

[3] Als bekanntestes Beispiel gilt das Forum Bildung Digitalisierung: https://www.forumbd.de/

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Version der Antragskommission
Version der Antragskommission:

Annahme in geänderter Fassung. Weiterleitung an den Bundesparteitag.

Der SPD-Landesparteitag fordert:

  • Digitale Bildung, in Anlehnung an das Dagstuhl-Dreieck, statt veralteter Medienbildung in die Curricula aller Fächer implementieren.
  • Flächendeckende Fort- und Weiterbildungen für Lehrende aller Bildungsinstitutionen von Kita über Schule bis zur Hochschule anbieten.
  • Die Ausbildung künftiger Lehrkräfte verpflichtend um digitale Kompetenzen erweitern.
  • Einen ganzheitlichen, digitalen Wandel an den Schulen durch langfristige Förderprogramme und eine bundesweite Grundfinanzierung sicherstellen.
  • Lehrpläne dem digitalen Wandel anpassen durch stärkere Fokussierung auf soziale, ästhetische, kommunikative, kreative, problemlösungsorientierte und auf die Selbstverwirklichung bezogene Kompetenzen.
Beschluss: geändert angenommen
Text des Beschlusses:

Annahme in geänderter Fassung. Weiterleitung an den Bundesparteitag.

Der SPD-Landesparteitag fordert:

  • Digitale Bildung, in Anlehnung an das Dagstuhl-Dreieck, statt veralteter Medienbildung in die Curricula aller Fächer implementieren.
  • Flächendeckende Fort- und Weiterbildungen für Lehrende aller Bildungsinstitutionen von Kita über Schule bis zur Hochschule anbieten.
  • Die Ausbildung künftiger Lehrkräfte verpflichtend um digitale Kompetenzen erweitern.
  • Einen ganzheitlichen, digitalen Wandel an den Schulen durch langfristige Förderprogramme und eine bundesweite Grundfinanzierung sicherstellen.
  • Lehrpläne dem digitalen Wandel anpassen durch stärkere Fokussierung auf soziale, ästhetische, kommunikative, kreative, problemlösungsorientierte und auf die Selbstverwirklichung bezogene Kompetenzen.
Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: