11/I/2021 Frauen im Handwerk

Status:
Überweisung
  1. Die SPD setzt sich für eine Erhöhung des Frauenanteils in den Handwerksbetrieben der Region Südniedersachsen ein. Ziel muss sein, die Bemühungen der regionalen Akteure wie Kreishandwerkerschaft, Unternehmer-Frauen im Handwerk und der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen dabei zu unterstützen, den Frauenanteil maßgeblich zu steigern.
  2. Die SPD fordert die Ausweitung des Zukunftstages von einem auf künftig zwei Tage. Der zusätzliche zweite Tag sollte dazu genutzt werden, Jungen und Mädchen einen Einblick in geschlechtsuntypische Berufe zu geben. Dies kann auch in Form von Betriebsbesichtigungen erfolgen, um einen zusätzlichen Bewerbungsaufwand für die Schüler*innen, aber auch die teilnehmenden Betriebe so gering wie möglich zu halten. Die Schulen sollten im Hinblick auf die dort geleistete Berufsorientierung aktiv einbezogen werden.
  3. Bestehende Netzwerke der regionalen Akteure, speziell auch der Berufsschulen, sowie Kooperationen zwischen handwerklichen Ausbildungsbetrieben und Schulen sollten weiterhin unterstützt und gefördert werden.
  4. Die SPD fordert die Tarifpartner auf, die Löhne und Gehälter in Handwerksberufen anzuheben. Gerade in den frauentypischen Berufen wie im Friseurhandwerk oder der Gebäudereinigung werden zu geringe Entgelte bezahlt.

 

Begründung:

Konsequent steigende Kosten bei öffentlichen wie auch privaten Bauvorhaben sind ein Indikator für Fachkräfte-Engpässe. Und Fachkräftemangel ist auch für Regionen wie den Landkreis Göttingen ein Wachstumshemmnis. Auch bei uns in der Region fehlen Fachkräfte. Auf 3.400 gemeldete sozialversicherungspflichtige qualifizierte Stellen kommen mit Stand zum 1. Januar 2019 insgesamt (durch alle Berufsgruppen hinweg) 6.000 Fachkräfte. Auf den ersten Blick scheinen diese Zahlen noch nicht dramatisch, allerdings wird der Mangel laut Agentur für Arbeit definiert, wenn auf eine offene Stelle weniger als drei Bewerber kommen. Deutlicher wird der Bewerberengpass besonders bei Betrachtung einzelner Berufszweige.

Vor allem im Handwerk gibt es einen deutlichen Engpass, wenngleich hier nach einzelnen Gewerken unterschieden werden muss. Starke Nachfrage besteht etwa im Bereich Metallerzeugung, -bearbeitung und Metallbau: Auf 209 bei der Agentur für Arbeit gemeldete offene Stellen kommen dort lediglich 126 potentielle Bewerber*innen. In einigen Verkaufsberufen (Lebensmittel, Elektro, Bekleidung) sieht es düster aus, ebenso bei der Lebensmittelherstellung und -bearbeitung. Wer Bäcker oder Schlachter werden möchte, dürfte derzeit gute Karten haben. Nicht gerade rosig scheint die Lage mit 45 potentiellen Bewerbern auf 70 offene Stellen im Bereich Elektrotechnik. Und angesichts der gemeldeten 56 offenen Stellen im Bereich Klempnerei, Sanitär, Heizung im Agenturbezirk Göttingen und nur 26 potentiellen Bewerbern stellt sich die Frage, ob wir demnächst nicht nur selbst zum Pümpel greifen, sondern die komplette Keramik in Eigenbauweise herrichten müssen. Wohl dem, in dem eine ungeahnte handwerkliche Begabung schlummert. Wehe dem, der zwei linke Hände hat.

Wie also können wir speziell im Handwerk dem Fachkräftemangel begegnen? Eine der Möglichkeiten könnte eine verstärkte Ansprache von Frauen sein. Nur rund 20 Prozent der im Handwerk Tätigen im Bezirk der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen sind weiblich. Das betrifft sowohl die Auszubildenden (ca. 19 % im Ausbildungsjahr 2017) als auch Betriebsinhaberinnen (ca. 22 %). Hier ist also noch „Luft nach oben“. Die Steigerung des Frauenanteils ist dabei durchaus im Interesse der Handwerkskammer, der Kreishandwerkerschaft und auch der Unternehmer-Frauen im Handwerk. Alle drei Hauptakteure unserer Region, Kreishandwerkerschaft, Unternehmer-Frauen im Handwerk und die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen, haben das Potential, Frauen für das Handwerk zu gewinnen, längst erkannt und die Förderung von Frauen in ihre tägliche Praxis integriert. In Gesprächen mit Ausbildungsbetrieben wird bereits auf das Potenzial junger Frauen als Auszubildende hingewiesen.

Vorbilder spielen dabei ohne Frage eine wichtige Rolle, die Berufsorientierung ebenso. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Handwerkskammer im Rahmen des jährlich stattfindenden Zukunftstages insbesondere Schülerinnen dazu ermuntert, einen Tag lang in unterschiedliche Handwerksberufe hineinzuschnuppern, und durch eine umsichtige Gruppenverteilung darauf achtet, dass geschlechtstypische Berufsvorstellungen behutsam aufgebrochen werden. Jungen wie Mädchen können sich in frauen- und männertypischen Berufszweigen ausprobieren. Da der Zukunftstag heute oft nur dafür genutzt wird, dass die Kinder den Berufsalltag ihrer Eltern kennenlernen, ist ein zweiter Tag erforderlich, um Schülern und Schülerinnen Gelegenheit zu geben, für die Geschlechter untypische und weniger bekannte  Berufsfelder kennenzulernen.

Die SPD setzt sich für eine Steigerung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Frauen in nach wie vor männertypischen Berufen ein. Dazu gehören in aller Regel auch handwerkliche Berufe, auch wenn hier natürlich nach einzelnen Gewerken unterschieden werden muss. Der Frauenanteil im Friseur- oder Optikerhandwerk liegt deutlich über dem im Tischler-, Sanitär- oder Hoch- und Tiefbau-Handwerk. Hier muss die SPD auch in der öffentlichen Debatte um den Fachkräftemangel deutlich machen, dass das Potential noch längst nicht vollständig ausgeschöpft ist. Bei der Ermittlung konkreter Unterstützungsangebote ist ein regelmäßiger Austausch mit den drei großen Akteuren, aber auch den Handwerksbetrieben wichtig. Nicht zuletzt ist die Arbeitsgemeinschaft „Frauen im Handwerk“ des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ein wichtiger Partner, um die Bemühungen zur Erhöhung des Frauenanteils im Handwerk nach Kräften zu unterstützen. Durch die Einführung des Mindestlohns hat die SPD insbesondere viele Frauen in schlecht bezahlten Handwerksberufen unterstützt. Nun ist auch Aufgabe der Tarifpartner, diese Berufsfelder durch eine bessere und armutsfeste Bezahlung weiter zu attraktivieren.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Material an die SPD-Landtagsfraktion / AK Wirtschaft
Beschluss: Überweisung
Text des Beschlusses:
  1. Die SPD setzt sich für eine Erhöhung des Frauenanteils in den Handwerksbetrieben der Region Südniedersachsen ein. Ziel muss sein, die Bemühungen der regionalen Akteure wie Kreishandwerkerschaft, Unternehmer-Frauen im Handwerk und der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen dabei zu unterstützen, den Frauenanteil maßgeblich zu steigern.
  2. Die SPD fordert die Ausweitung des Zukunftstages von einem auf künftig zwei Tage. Der zusätzliche zweite Tag sollte dazu genutzt werden, Jungen und Mädchen einen Einblick in geschlechtsuntypische Berufe zu geben. Dies kann auch in Form von Betriebsbesichtigungen erfolgen, um einen zusätzlichen Bewerbungsaufwand für die Schüler*innen, aber auch die teilnehmenden Betriebe so gering wie möglich zu halten. Die Schulen sollten im Hinblick auf die dort geleistete Berufsorientierung aktiv einbezogen werden.
  3. Bestehende Netzwerke der regionalen Akteure, speziell auch der Berufsschulen, sowie Kooperationen zwischen handwerklichen Ausbildungsbetrieben und Schulen sollten weiterhin unterstützt und gefördert werden.
  4. Die SPD fordert die Tarifpartner auf, die Löhne und Gehälter in Handwerksberufen anzuheben. Gerade in den frauentypischen Berufen wie im Friseurhandwerk oder der Gebäudereinigung werden zu geringe Entgelte bezahlt.

 

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: