24/I/2021 Gemeinsam Chancen schaffen gegen Kinderarmut

Status:
Erledigt

In einem der wohlhabendsten Länder der Welt, wie Deutschland es ist, gibt es leider noch immer zu viele Menschen, die von Armut betroffen sind oder sich in einer armutsgefährdeten Situation befinden oder drohen, dahinein zu geraten. Die Schere zwischen Armut und Reichtum geht immer weiter auseinander, die Gesellschaft wird dadurch gespalten, der soziale Frieden leidet von Jahr zu Jahr immer mehr darunter und der Zusammenhalt verringert sich zunehmend.

Als sozialdemokratische Partei ist es unsere ureigene Aufgabe, uns um die Menschen zu kümmern, die unter besonders schwierigen Lebensbedingungen in verschiedener Hinsicht leben und für sie da zu sein. Gegen jegliche Art der Benachteiligung und Diskriminierung setzen wir uns ein, wir fordern und fördern den gegenseitigen Respekt und stellen die Menschenwürde an erste Stelle als unsere höchste Maxime, nach der wir in voller Mitmenschlichkeit handeln. Schließlich wünscht sich niemand in Armut zu leben, doch leider gibt es noch immer viele Faktoren, die dazu führen können, in eine solche Situation zu geraten. Jede Form der Armut ist ernst zu nehmen. Es müssen daher für alle Altersgruppen Maßnahmen entwickelt werden, wie man der Armut angemessen begegnen kann.

Die SPD Niedersachsen setzt sich selbst einen besonderen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Kinder-, Jugend- und Familienarmut. Laut dem aktuellen Sozialbericht der Stadt Hannover lebt jede*r vierte Minderjährige*r in einem einkommensarmen häuslichen Umfeld (27,8 Prozent), in Niedersachsen liegt die durchschnittliche Zahl etwas darunter. Bundesweit sind es rund 2 Millionen Kinder, das heißt 25 Prozent. Demzufolge ist mindestens jedes vierte Kind davon betroffen. Besonders trifft dies auf Kinder von Alleinerziehenden, Arbeitslosen, Familien mit mehr als zwei Kindern und auf Familien mit Migrationshintergrund zu. Arme und von Armut bedrohte Kinder erfahren deutliche Nachteile in materieller, kultureller und gesundheitlicher Hinsicht. Sie haben erheblich schlechtere Chancen auf einen guten Bildungsabschluss, gesellschaftliche Teilhabe und eine aussichtsreiche Zukunft. Im Unterschied zu Erwachsenen haben Kinder kaum Möglichkeiten ihre Lage selbst zu verändern. Deswegen wollen wir das Bewusstsein für Kinderarmut und deren Konsequenzen auf allen politischen Ebenen schärfen.

Besondere Aufmerksamkeit kommt den Gruppen zu Teil, die in der Vergangenheit aus dem Blick geraten sind, deren Lebensumstände in den vergangenen Jahren noch schwieriger geworden sind. Hierzu zählen vor allem Familien mit Transferleistungsbezügen, Familien mit Flucht- oder Migrationsgeschichte und Alleinerziehende. Sie stellen einen bedeutenden Beitrag für unsere weitere Arbeit zur Bekämpfung von Kinderarmut dar. Wir sind überzeugt davon, dass die Armut von Kindern nur erfolgreich bekämpft werden kann, wenn die Rechte von Kindern im Grundgesetz verankert werden und halten an der Vereinbarung im Koalitionsvertrag auf Bundesebene fest.

Echte Bildungsteilhabe ist am effektivsten, wenn von Armut betroffene Familien und Kinder von Anfang an gefördert werden. Krippe und Kindergarten sind hierbei Schlüsselinstitutionen, um Kinder und Familien effektiv zu erreichen. Sie sind sozialräumlich ausgerichtet, arbeiten kooperativ und bieten niedrigschwellige Angebote. Kindertagesstätten sollen vom Leitbild „Wir machen alle Kinder stark“ geprägt sein und Resilienzförderung muss in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt werden, d.h. den Kindern soll beigebracht werden, widrigen Situationen und Umständen aktiv zu begegnen. Die Stärken und nicht die Schwächen eines jeden Kindes stehen im Fokus.

Dies muss sich in der Schule fortsetzen, da dort die wesentlichen Weichen für die Zukunft der Kinder gestellt werden. Hierbei ist vor allem wichtig, dass alle Kinder lange gemeinsam lernen, dafür die notwendige Zeit zur Verfügung steht, Förderung umfassend ermöglicht wird und Schulen und ihre Schulteams die notwenige Unterstützung von Land und Kommune, nach Möglichkeit auch durch den Bund, erhalten. Ähnlich wie in der Kita sind auch hier die Familien der Kinder miteinzubinden. Die Entscheidung über den künftigen Bildungsabschluss darf nicht nach Klasse 4 fallen.

Schule soll Wissen vermitteln – mit einem ganzheitlichen Ansatz. Dabei muss jedes Kind mitgenommen werden. Keines darf verloren gehen. Vielmehr gilt es, die Begabung jedes Kindes – ob kreativ, musisch, analytisch, sportlich oder sprachlich – durch schulische und außerschulische Angebote zu entdecken und individuell zu fördern. Mithilfe unseres Bildungssystems sollen alle Kinder, unabhängig von ihren Start- und Lebensbedingungen, zu selbstständigen, starken und gemeinschaftsorientierten Persönlichkeiten heranwachsen.

Um Kinderarmut effektiv bekämpfen zu können, muss der Grundsatz gelten: Gerade auch für die Schwächsten nur das Beste! Jugendliche brauchen eine berufliche Perspektive. Dies schützt sie am besten vor Arbeitslosigkeit. Ziel ist es, dass sie nach Ende ihrer Schulzeit eine Ausbildung oder ein Studium erfolgreich angehen und abschließen. Die Voraussetzungen hierfür werden bereits in der Schulzeit gelegt. Spätestens ab der Sekundarstufe I müssen Berufsorientierung und die Förderung der Ausbildungsreife Teil des Schullebens sein. Junge Menschen müssen zudem praktische Erfahrungen im Berufsleben sammeln können, um eine Vorstellung der eigenen Zukunft zu entwickeln.

Die Region Hannover bekennt sich bereits heute dazu, die Jugendarbeitslosigkeit nachhaltig zu reduzieren. Sie schafft selbst Beschäftigungsangebote und stärkt den Wirtschaftsraum/-standort Region Hannover. Nicht jede*r hat dabei die besten Startchancen wie voran Schul- und Ausbildungsabbrecher*innen, Schüler*innen ohne Abschluss, mit schlechten Zeugnissen, mangelnden Deutschkenntnissen oder besonderen persönlichen Problemlagen. Es gilt, diese Jugendlichen mit Startschwierigkeiten systematisch und nachhaltig durch genau auf sie zugeschnittene Unterstützung echte berufliche Zukunftschancen zu eröffnen. Dies beinhaltet auch, strukturelle Hürden abzubauen. Prävention und Qualifizierung müssen besser strukturiert werden. Dazu sind Übergänge wie von der Schule zum Beruf zu gestalten. Des Weiteren müssen besondere Formen unterstützter und geförderter Ausbildung als Anschlussperspektive für stark benachteiligte junge Menschen entwickelt werden.

Als Aufgabe für Kommune, Land und Bund wird darüber hinaus vor allem die besondere Förderung von Menschen mit Behinderung und Zuwanderungsgeschichte gesehen. Diese müssen bei allen Programmen und Konzepten mitberücksichtigt werden.

Transfer- und Geldleistungen des Staates sind nur dann sinnvoll eingesetzt, wenn Kinder und Jugendliche dadurch bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben und auf volle soziale Teilhabe haben, und zwar unabhängig von der Einkommenssituation ihrer Eltern. Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt für alle Kinder fest, dass sie ein Recht auf bestmögliches Aufwachsen haben – mit bestmöglicher materieller und gesundheitlicher Fürsorge, mit bestmöglicher Förderung und bestmöglicher Teilhabe. Für die SPD steht fest: Kinder sollen ohne Armut ins Leben starten, und sie haben ein Recht, ohne Diskriminierung und Stigmatisierung groß zu werden. Unser Gemeinwesen trägt hierbei die Verantwortung, für eine ausreichende finanzielle Absicherung, für eine soziale und teilhabeorientierte Infrastruktur, wie auch für ein an Chancengleichheit orientiertes Bildungssystem zu sorgen.

Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein! Dabei spielt es keine Rolle, wo das Kind geboren ist und in welcher Familie es aufwächst. In all unseren Belangen setzten wir uns für eine offene Gesellschaft ein, in der Vielfalt als Bereicherung gesehen und erlebt wird.

Die SPD Region Hannover erwartet von allen Politikebenen eine ernsthafte Befassung mit der Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut sowie den erarbeiteten Forderungen, die aus einer länger angelegten Kampagne im Unterbezirk, und insbesondere in der Stadt Hannover, resultieren. Sie sollen politisch bewertet und diskutiert werden. Es soll geprüft werden, welche Forderungen in vorhandene Strukturen und Programme integriert werden können. Darüber hinaus wollen wir den Dialog weiterführen und gemeinsam echte Chancen für alle schaffen. Langzeituntersuchungen haben gezeigt, dass Familien mit Kindern prekäre Lebensverhältnisse nur schwer überwinden können. Um allen Kindern annähernd gleiche Chancen im Leben zu ermöglichen, sind verschiedene kurz-, mittel- und langfristige konkrete Maßnahmen in einem übergreifenden Konzept notwendig. Neben Verbesserungen in der Arbeits- und Sozialpolitik ist ein besonderer Fokus auf Bildung und Ausbildung zu legen. Beispielhaft zu nennen sind die kostenfreie Bildung von der Krippe/Kita bis hin zur Ausbildung, zum Meister und Studium inklusive Lernmittelfreiheit, die Ausweitung von sozial- und sonderpädagogischer sowie interkultureller Arbeit an Schulen, der Ausbau von Kita- und Krippenplätzen sowie Ganztagsschulen und ihrer Qualität, die Stärkung von Elternarbeit und Förderung der Jugendhilfe u.v.m. Die derzeit vorhandenen Maßnahmen reichen aus unserer Sicht nicht aus, da keine Rückgänge – im Gegenteil sogar – eine Erhöhung der Kinderarmut festzustellen ist. Es muss also dringend eine spürbare Unterstützung gewährleistet werden. Wir müssen deutlich machen, dass sich gerade die SPD für die Belange der benachteiligten Menschen stark macht und sich die Menschen auf uns verlassen können. Gemeinsam mit uns nahestehenden Vereinen, Verbänden, Organisationen, Institutionen, Stiftungen, Einrichtungen und den Gewerkschaften setzen wir uns dafür ein, der Kinder-, Jugend- und Familienarmut ein Ende zu setzen. Schließlich geht es um unsere heranwachsenden Generationen, um jedes einzelne Individuum genauso wie um unsere Gemeinschaft – und damit um die Zukunft unserer Gesellschaft.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt durch Beschlussfassung zu Antrag 23, Kap. Gesundheit und Soziales