1/I/2021 Leitantrag: Parité – der Weg zur Gleichberechtigung in unseren Parlamenten

Status:
Annahme

Noch immer sind Frauen in allen Parlamenten unterrepräsentiert. Deshalb fasst der Landesparteitag folgenden Beschluss:

  1. Die niedersächsische Sozialdemokratie bekennt sich zu dem Ziel, dass Parlamente in Zukunft verbindlich paritätisch besetzt sein sollen.
  2. Eine Voraussetzung dafür ist es, dass in Zukunft alle Parteien ihre Wahlvorschlagslisten verbindlich paritätisch aufstellen müssen. Es ist zu prüfen, welche rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen sind. Dies gilt insbesondere auch für Möglichkeiten der Sanktionierung im Falle von Nicht-Erfüllung dieser Vorgaben.
  3. Da es verschiedene Verfahren gibt, um die paritätische Besetzung in den Parlamenten zu erreichen, wird die Niedersächsische SPD prüfen, welche rechtlichen Veränderungen geschaffen werden müssen, um ein geeignetes Wahlverfahren umzusetzen. Sollte eine Grundgesetzänderung erforderlich sein, wird die Niedersächsische SPD auf verfassungsändernde Mehrheiten hinwirken.
  4. Die Niedersächsische SPD wird die Verwirklichung der Parität als politische Forderung in ihr Regierungsprogramm zur Landtagswahl im Jahre 2022 aufnehmen.

 

Begründung:

Seit mehr als 100 Jahren können Frauen wählen und selbst gewählt werden. Dieser Meilenstein in der Geschichte der Demokratie konnte unter starker Beteiligung von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erreicht werden. Bereits 1891 hatte die SPD auf dem Erfurter Parteitag als erste Partei die Forderung nach einem Frauenwahlrecht beschlossen. Es war Marie Juchacz, die am 19. Februar 1919 als erste gewählte Abgeordnete in der Nationalversammlung das Wort ergriff.

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland heißt es folgerichtig ganz eindeutig in Grundgesetz-Artikel 3 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Nach der Wiedervereinigung wurde dieser Artikel 1994 um den Satz ergänzt: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Damit sollte dem Erreichen von Gleichstellung zusätzlicher Nachdruck verliehen werden.

Bis 1945 lag der Frauenanteil im Deutschen Parlament unter 10 Prozent. Heute, im 19. Deutschen Bundestag, liegt dieser Anteil bei 30,7 Prozent. Im Niedersächsischen Landtag sind 27,7 Prozent der Parlamentsmitglieder weiblich, gefolgt von 27 Prozent in den kommunalen Vertretungen (Kreistage und Gemeinderäte).

Um den Anteil von Frauen auf den Wahllisten deutlich zu erhöhen, hat die SPD in ihrer Satzung klare Vorgaben zur Quotierung beschlossen. Auch sind das Reißverschlussverfahren und die frei wählbare Doppelspitze in den Satzungen verankert.

Doch trotz quotierter Wahllisten ist es bei einem ungleichen Verteilungsverhältnis zwischen Frauen und Männern in unseren Parlamenten geblieben.

Die Niedersächsische SPD hat in den vergangenen Jahren im Rahmen einer sehr breit angelegten Debatte intensiv über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Einführung der Parität diskutiert. Wir haben in einem Diskussionsprozess nicht nur auf Landesebene, sondern auch in Bezirken und Unterbezirken, über verschiedene Verfahren und konkrete Modelle (v.a. das paritätische Wahlkreismodell mit getrennten Direktmandaten oder Direktmandate-Duos sowie das Ausgleichmodell, die dem ausschließlich Frauen über die Liste einziehen, bis eine paritätische Besetzung erreicht ist) diskutiert und uns mit Expertinnen und Experten aus Verbänden und der Wissenschaft ausgetauscht. Besonders die niedersächsische ASF hat diese Diskussion aktiv begleitet.

Parallel gab es in einigen Bundesländern bereits Gesetzesverfahren. Alle bisher angestrebten Modelle der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wurden von Verfassungsgerichten jedoch für nicht rechtmäßig erklärt. Daher ist es wichtig, die Debatte unter besonderer Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte fortzuführen und die Machbarkeit der verschiedenen Modelle weiter zu prüfen.

Der Blick in die europäische Nachbarschaft zeigt aber: Parität wirkt! Bereits im Jahr 2000 hat Frankreich ein Parité-Gesetz verabschiedet. In den Regionalräten, Départementversammlungen und Kommunalvertretungen wurde in der Folge in weiten Teilen Parität erreicht.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Noch immer sind Frauen in allen Parlamenten unterrepräsentiert. Deshalb fasst der Landesparteitag folgenden Beschluss:

  1. Die niedersächsische Sozialdemokratie bekennt sich zu dem Ziel, dass Parlamente in Zukunft verbindlich paritätisch besetzt sein sollen.
  2. Eine Voraussetzung dafür ist es, dass in Zukunft alle Parteien ihre Wahlvorschlagslisten verbindlich paritätisch aufstellen müssen. Es ist zu prüfen, welche rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen sind. Dies gilt insbesondere auch für Möglichkeiten der Sanktionierung im Falle von Nicht-Erfüllung dieser Vorgaben.
  3. Da es verschiedene Verfahren gibt, um die paritätische Besetzung in den Parlamenten zu erreichen, wird die Niedersächsische SPD prüfen, welche rechtlichen Veränderungen geschaffen werden müssen, um ein geeignetes Wahlverfahren umzusetzen. Sollte eine Grundgesetzänderung erforderlich sein, wird die Niedersächsische SPD auf verfassungsändernde Mehrheiten hinwirken.
  4. Die Niedersächsische SPD wird die Verwirklichung der Parität als politische Forderung in ihr Regierungsprogramm zur Landtagswahl im Jahre 2022 aufnehmen.

 

Beschluss-PDF: