1/I/2021 Verkehrswende jetzt!

Status:
Überweisung

Die weiter steigenden Emissionen im Verkehrssektor belegen: Deutschland investiert nicht genug in umweltschonende Verkehrs- & Transportmittel. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan von 2016 zementiert diesen Umstand, da weiterhin der größte Teil der Investitionen in den Straßenverkehr fließt und die Schiene lediglich einen Anteil von 41% am Gesamtvolumen erhält. Angesichts der nationalen und europäischen Klimaziele sowie der politischen Statements, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, eine widersinnige Verkehrspolitik.

Wir brauchen eine ernst gemeinte Verkehrswende, mit entsprechenden Planungen und Investitionen. Dabei kommt der Schiene im Nah-, Güter- und Fernverkehr eine besondere Rolle zu.

  • Schienenpersonennahverkehrs (SPNV):

Im Rahmen der Bahnreform trat 1994 das Regionalisierungsgesetz in Kraft, das die Verantwortung für den SPNV schließlich 1996 vom Bund auf die Länder übertrug. In Nahverkehrsgesetzen wurde die Organisation in den einzelnen Bundesländern geregelt. Einige Bundesländer übernahmen die Bestellung des SPNV selber, in manchen wurden Kommunen und Zweckverbände mit der Bestellung der Verkehrsleistungen beauftragt. In Niedersachsen wurden für die Großräume Hannover und Braunschweig Kommunalverbände gegründet, für das übrige Land wurde die Landeseisenbahngesellschaft LNVG eingerichtet.

Die Bundesländer erhalten vom Bund jedes Jahr sogenannte Regionalisierungsmittel, die sie für die Bestellung des SPNV verwenden. Diese Finanzmittel werden nach einem festgelegten Schlüssel unter den Bundesländern aufgeteilt. Der Großteil der Regionalisierungsmittel wird für die Begleichung der Bestellerentgelte im SPNV verwendet. Der Restbetrag steht den Bundesländern für Schienen-Infrastrukturmaßnahmen, Bestellung von Mehrverkehr oder für den allgemeinen ÖPNV (d.h. Busverkehr) zur Verfügung. Wir fordern unter dem Gesichtspunkt steigender Verkehrsleistungen, auch nach bereits erfolgten Erhöhungen, eine weitere Aufstockung der Mittel.

Steigende Trassenpreise, Entgelte an DB Station & Service und wachsende Aufwände für Energie machen eine kontinuierliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel notwendig. Dem kann nur mit einer Reduktion der Trassennutzungsgebühren durch Neuregelungen der Infrastrukturfinanzierung entgegengewirkt werden.

Die Aufgabenträger schreiben die zu erbringenden Leistungen europaweit aus und beauftragen anschließend Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) wie die DB Regio und andere private EVU wie die Westfalenbahn oder Metronom mit der Erbringung des Schienenpersonennahverkehrs. Neben der Verkehrsleistung werden auch bestimmte Qualitätsmerkmale definiert, deren Erfüllung über Bonus-Malus-Vereinbarungen sichergestellt wird. Für die zu erbringende Leistung erhält das EVU vom Aufgabenträger ein Entgelt. Je nach Vertragsgestaltung behält das EVU die Fahrgeldeinnahmen (Nettovertrag) oder reicht sie an die Aufgabenträger weiter (Bruttovertrag). Da Bruttoverträge den Vorteil haben, dass der Aufgabenträger bei steigenden Fahrgeldeinnahmen u.U. Leistungen nachbestellen kann, sollte dies die bevorzugte Variante eines Verkehrsvertrags sein. Durch die unterschiedliche Handhabung in den Bundesländern gibt es sehr viele Aufgabenträger, die regions- und  bundeslandübergreifend kooperieren müssen. Beispielsweise waren an der Ausschreibung des Elektronetz Niedersachsen- (ENNO) drei Aufgabenträger beteiligt.

Für die Festschreibung von Sitzplatzkapazitäten und die geplante Ausstattung der Fahrzeuge müssen vorab qualitativ hochwertige Verkehrserhebungen und -prognosen durchgeführt werden. Fehler in der Fahrgastprognose senken die Qualität für viele Jahre drastisch, so führen zu wenige Türen zu längeren Fahrgastwechselzeiten, die wiederum Verspätungen und damit eine niedrigere Betriebsqualität bedeuten. Die Sitzplatzkapazitäten sollten flächendeckend ausgeweitet werden, außerdem muss es größere Mehrzweckbereiche geben, um eine größere Anzahl von Fahrrädern und Rollstühlen transportieren zu können. Da aufgrund von Zulassungsproblemen und häufigen „Kinderkrankheiten“ neue Fahrzeuge nicht immer zu Beginn des Verkehrsvertrages in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen und es in Deutschland keinen Markt für gebrauchte Schienenfahrzeuge gibt, versuchen einige Aufgabenträger dieser Entwicklung mit Fahrzeugpools, einer Wiederzulassungsgarantie im nächsten Ausschreibezeitraum oder der Bestellung standardisierter Fahrzeuge entgegenzuwirken. Ebenso sollten sich die Aufgabenträger für den im SPNV-Markt angestrebten Flächentarifvertrag für Arbeitnehmer*innen stark machen und dies in die Ausschreibungen mitaufnehmen. Die Übernahme der Mitarbeiter*innen zu gleichen Konditionen ist bei Ausschreibungen in Europa, mit Ausnahme von Deutschland, üblich.

  • Schienenpersonenfernverkehr (SPFV):

Im Gegensatz zum SPNV wird der Schienenpersonenfernverkehr heute eigenwirtschaftlich erbracht. Bei einem Marktanteil von 99,9 % hat die Deutsche Bahn mit ihrer Tochtergesellschaft DB Fernverkehr eine Monopolstellung, die dazu führt, dass sich die Deutsche Bahn grundsätzlich die Strecken aussuchen kann, auf der sie Fernverkehr anbietet. Auf diesen kommt es dann oft zu unregelmäßigen Angeboten, das heißt Taktlücken, eingeschränkten Verkehrstagen oder verkürzten Zügen. Die im Grundgesetz verankerte Daseinsvorsorge vernachlässigt der Bund an dieser Stelle bis heute. Viele große Städte wie Krefeld und Chemnitz hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit vom Fernverkehr abgehängt.

Konkurrenten der Deutschen Bahn haben es schwer als Wettbewerber in den Fernverkehrsmarkt einzusteigen, da es hohe Eintrittsbarrieren gibt: ein eingeschränkter Zugang zum Schienennetz, hohe Trassen- und Stationsentgelte, aber auch die Publikation der angebotenen Verkehre, der Fahrkartenvertrieb und sonstige tarifliche Schwierigkeiten wie die Anerkennung von Bahncards. Das Beispiel des Hamburg-Köln-Express (HKX) zeigt die Bedeutung der tariflichen Integration: seit der HKX den C-Tarif der Bahn anerkennt, sind die Fahrgastzahlen deutlich gestiegen.

Trotz der geplanten Fernverkehrsoffensive, den Fernverkehr also wieder stärker in die Fläche zu tragen, muss der Bund seine Infrastruktur unabhängig von den Interessen einzelner Eisenbahnverkehrsunternehmen planen. Ähnlich der Strategie „Bahn 2000“ in der Schweiz, die der Bund und die Eisenbahninfrastruktur- und -verkehrsunternehmen gemeinsam entwickelt haben und dabei die Kund*innen im Mittelpunkt sahen, müssen wir die deutsche Verkehrsplanung weiterentwickeln. Dazu gehört, einen kundenorientierten Fernverkehrsplan zu entwickeln, der ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestangebot im SPFV enthält.

Um ferner die Akzeptanz des Schienenfernverkehrs zu erhöhen, ist es notwendig, die Mehrwertsteuer auch für den Fernverkehr von 19% auf 7% zu senken und somit die Auslastung der Züge zu verbessern.

  • Grenzüberschreitender Schienenverkehr:

In Europa existieren viele historisch gewachsene nationale Bahnsysteme, die sich in der Spurweite, dem Lichtraumprofil, dem Stromsystem oder den Zugbeeinflussungs- & Sicherungssystemen unterscheiden und damit einen grenzüberschreitenden Bahnverkehr behindern. So ist bei internationalen Zügen meistens ein Lokwechsel im jeweiligen Grenzbahnhof nötig, in besonders schwierigen Fällen müssen Fahrgäste umsteigen oder Güter umgeladen werden. Aufwändige nationale Zulassungsverfahren erschweren die Verwendung von Mehrsystemfahrzeugen, die auf verschiedenen Bahnnetzen verkehren können. Nicht abgestimmte technische Systeme, bspw. optisch ähnliche Signalbegriffe mit national vollkommen unterschiedlicher Bedeutung oder eine nicht identische Bemessung von Bremswegen, tragen dazu bei, dass grenzüberschreitender Schienenverkehr ineffizient und teuer ist und darüber hinaus ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Durch die Umsetzung des europäischen Binnenmarktes und der wachsenden wirtschaftlichen Verbindungen sind das Transportaufkommen und die Wettbewerbsintensität im grenzüberschreitenden Verkehr in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Heute ist annähernd die Hälfte des europäischen Schienengüterverkehrs (SGV) dem grenzüberschreitenden Verkehr zuzuordnen. Durch die Globalisierung wird eine weitere Konzentration des SGV auf langlaufende nationale und internationale Verbindungen prognostiziert, was im Grunde auch dem Systemvorteil schienengebundenem Verkehrs entspricht. Jedoch offenbart sich hier, wie sehr der Schienenverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern benachteiligt wird. Insbesondere die Qualität des SGV kann immer weniger mit dem Straßengüterverkehr mithalten. Durchschnittliche (Fahrplan-)Transportgeschwindigkeiten von unter 20 Stundenkilometern, durch Grenzaufenthalte induzierte Verspätungen, mangelnde zeitliche Flexibilität, sowie unklare Zuständigkeiten führten dazu, dass der Verkehrsleistungsanteil des SGV am gesamten Gütergrenzverkehr in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist.

Die Europäische Union hat sich daher bereits in den 1980er Jahren das Ziel gesetzt, wesentliche Elemente des europäischen Schienenverkehrs zu vereinheitlichen. Das elementare Ziel der europäischen Politik zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Schienenverkehrsmarktes ist, zwischen den nationalstaatlichen Netzen für Interoperabilität zu sorgen, also einer Verknüpfungsqualität, die einen nahtlosen Übergang an den Schnittstellen ermöglicht. Um dies zu erreichen, wurden die TSI (Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität) eingeführt, mit deren Hilfe grundlegende Anforderungen an die Fahrzeuge und die Infrastruktur festgelegt werden. Des weiteren wurden umfangreiche Richtlinien-Pakete verabschiedet, welche die rechtliche Basis für einen freien Netzzugang schufen (Marktöffnung, intramodaler Wettbewerb) und die Eisenbahnsicherheit erhöhten.

Einen Schwerpunkt der von der EU geförderten Forschungen bildet die Entwicklung des europäischen Betriebsleit- und Informationssystems ERTMS (European Rail Traffic Management System), dessen Bestandteil ETCS (European Train Control System) als europäischer Nachfolger der nationalen Signalsysteme etabliert werden soll. Dieses muss rasch flächendeckend installiert werden.

Die Bilanz dieser Bemühungen ist jedoch ernüchternd. Wichtige (Güter-)Transitländer wie Deutschland haben ihre grenzüberschreitenden Verbindungen trotz steigendem Verkehrsaufkommens nur marginal ausgebaut. Die bisherigen Investitionen haben kaum mehr als den Erhalt der bisherigen Infrastruktur ermöglicht. Dabei ist das Potenzial der Schiene bei weitem noch nicht ausgeschöpft und muss mittels erhöhter Investitionen und Planungskapazitäten gehoben werden. Neben den bestehenden Strecken brauchen wir ferner mehr grenzüberschreitende Strecken, um etwa dem Flugverkehr Marktanteile abzunehmen.

  • Integraler Taktfahrplan im Schienenverkehr:

Um den Schienenverkehr grundlegend zu verbessern, bedarf es einer anderen Planungsphilosophie wie bisher. Wurde Infrastruktur aus- oder neugebaut, so wurde erst anschließend versucht, auf dieser bereits gebauten Infrastruktur einen Fahrplan zu konstruieren.

Am Beispiel Schweiz zeigt sich, dass es deutlich mehr Sinn macht, vom gewünschten Ergebnis aus zu planen. Man muss sich also Gedanken machen, welche Reisezeit man zwischen zwei Knotenbahnhöfen erreichen muss, um an beiden Bahnhöfen optimale Anschlüsse zu generieren.

Dieses Konzept nennt man Integraler Taktfahrplan. Dabei erreichen die Züge etwa gleichzeitig einen Knotenbahnhof in regelmäßigem Takt und bieten dort innerhalb eines kurzen Zeitfensters von 5-15 Minuten Anschlüsse in alle Richtungen, bevor sie diesen wieder verlassen.

Die deutsche Bundesregierung hat 2017 eine Studie veröffentlicht, die einen deutschlandweiten integralen Taktfahrplan („Deutschland-Takt“) grundsätzlich für machbar hält. Im Koalitionsvertrag der aktuellen, im März 2018 gebildeten Bundesregierung heißt es: „Wir werden die Umsetzung des Deutschlandtakts vorantreiben. Die dafür vorgesehenen Aus- und Neubaumaßnahmen wollen wir bevorzugt realisieren. Unser Ziel ist, vertakteten Fernverkehr auf der Schiene deutlich zu stärken, das beinhaltet auch eine Ausweitung des Angebots auf größere Städte und Regionen, so dass mehr Menschen von Direktverbindungen im Fernverkehr profitieren.“

Eine einseitige Betrachtung des Fernverkehrs darf es nicht geben, nur durch eine integrierte Betrachtung von Nah-, Güter- und Fernverkehr lässt sich ein sinnvoller Taktfahrplan erreichen.

  • Nachhaltiger Infrastrukturausbau:

Ein wesentliches Ziel von Nachhaltigkeit ist die Reduzierung des Flächenverbrauchs. Während für Straßen viel Platz benötigt wird, kommen Bahnstrecken oft mit deutlich weniger Fläche aus. Unser Ziel sind mehr Bahnstrecken, die entsprechendem dem integralen Taktfahrplan ausgebaut werden. Der Tunneleinsturz bei Rastatt im August 2017 hat eindrücklich gezeigt, welche großen Probleme fehlende Ausweichstrecken verursachen. Deshalb müssen diese in künftigen Bundesverkehrswegeplänen bzw. Kosten-Nutzen-Untersuchungen berücksichtigt werden.

Mit Blick auf die Zukunft wird die Verfügbarkeit fossiler Rohstoffe deutlich sinken, deshalb benötigen wir vor allem mehr elektrisch befahrbare Bahnstrecken. Der aktuelle Elektrifizierungsgrad liegt in Deutschland lediglich bei gerade einmal 60%, die restlichen Strecken werden fast ausnahmslos mit Dieselloks und -triebwagen befahren. Effektive Baumaßnahmen erfordern eine Beschleunigung der bisweilen langwierigen Planungs- und Bauphasen von Infrastrukturprojekten. Bei diesen ist im weiteren Verlauf darauf zu achten, dass auch infrastrukturseitig größere Kapazitäten eingeplant werden. Vielerorts sind mehr Gleise und vor allem längere Bahnsteige notwendig. Damit ein großer Ausbau des deutschen Bahnnetzes gelingen kann, muss der bisherige Sparzwang und die Investitionszurückhaltung aufgegeben werden. Die Verstaatlichung des deutschen Bahnnetzes ist ein wichtiger Beitrag, um eine angemessene und umweltschonende Verkehrsinfrastruktur vorzuhalten.

Ebenso wichtig ist für uns, die Privatisierung von Autobahnen zu vermeiden, da dies lediglich zu steigenden Kosten für die Allgemeinheit führt, wie uns bereits einige Beispiele gelehrt haben. Auch hier kommt es darauf an, die Mittel möglichst effektiv einzusetzen und im Vorfeld den Planungs- und Genehmigungsaufwand zu reduzieren.

  • Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV):

Vor allem in größeren Städten ist der ÖPNV unverzichtbar geworden. Regionalzüge, Straßenbahnen, Busse und U-Bahnen können dort ihren Systemvorteil als Massentransportmittel voll entfalten. In dichtem Takt verkehrende und gut miteinander vernetzte Verkehrsmittel bilden eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr.

Aber auch in weniger dicht besiedelten Gegenden ist der ÖPNV eine ernstzunehmende Alternative, sofern gewisse Kriterien erfüllt sind. Gerade in Tagesrandzeiten unterliegt man einem subjektiven Gefühl der Unsicherheit, mangelnde Anschlüsse, fehlende Beleuchtungen und verlassene Haltestellen tragen dazu bei. Der Staat muss hier seiner Aufgabe der Daseinsvorsorge nachkommen und Mobilität für alle gewährleisten. Ein dichterer Takt, ausgeweitete Betriebszeiten, mehr Kundenservice mit Ansprechpartnern vor Ort, gute Beleuchtung, sichere Anschlüsse, mehr Direktverbindungen und sauberen Haltestellen und Verkehrsmittel machen den ÖPNV insgesamt attraktiver.

Auch wenn der ÖPNV nicht überall kostendeckend betrieben werden kann, steht für uns der Mensch im Mittelpunkt. Wir wollen eine verstärkte Ausrichtung nach den tatsächlichen Kundenbedürfnissen erreichen. Um die finanziellen Defizite dennoch zu begrenzen, soll in sehr dünnbesiedelten Gegenden verstärkt über Anrufsammeltaxis, Anruflinientaxis oder Kleinbusse nachgedacht werden. Das Ziel muss sein, jeden Ort in Deutschland mit dem ÖPNV regelmäßig erreichbar zu machen.

Höhere Investitionen in die Erforschung von alternativen Energiekonzepten sind notwendig, um auch den straßengebundenen Verkehr umweltschonend zu gestalten. Diese Forschungen sollten jedoch möglichst technologieoffen erfolgen. Langfristig müssen alle auf fossilen Energieträgern basierenden Verkehrsmittel zwingend ersetzt werden, dies kann zum Beispiel durch Elektrobusse mit integrierter Feststoffbatterie oder Brennstoffzellenantriebe erfolgen.

  • Motorisierter Individualverkehr (MIV):

Da das Mobilitätsbedürfnis der Menschen kontinuierlich wächst, ist auch der PKW-Verkehr weiterhin von Bedeutung. Jedoch müssen diesem angesichts seiner vielfältigen Nachteile Grenzen gesetzt werden. Dies gilt ebenso dem Lkw-Verkehr, der schon seit Jahren erfolglos auf die Schiene verlagert werden soll. Zunehmend schwerere und längere Straßengütertransporte verursachen infolge höherer Belastungen der Straßen und Brücken vermehrt Schäden, die aufwendig repariert werden müssen. Immer mehr Brücken müssen sogar komplett ersetzt werden.

Aber auch eine Reduzierung des ruhenden Verkehrs, das heißt der parkenden Fahrzeuge, wird vielerorts deutliche Verbesserungen erzielen. Straßenflächen, die in großer Menge und oft ungenutzt vorgehalten werden sowie geplante Straßenverkehrsflächen wie Ortsumgehungen, können zukünftig anderweitig nutzbar gemacht werden, dies könnte Wohnungsmangel vorbeugen und mehr Raum für die Landwirtschaft schaffen. Nichtsdestotrotz erachten wir es als notwendig, die Verknüpfung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu verbessern und mehr Park-and-Ride-Plätze anzubieten.

Neben dem Platzbedarf sprechen auch noch weitere Gründe für dringend notwendige Veränderungen. Verkehrssicherheit beschäftigt viele Menschen. Erwiesenermaßen ist das Risiko, im Straßenverkehr zu verunfallen, deutlich höher als bei allen anderen Verkehrsmitteln. Besonders die hohen Geschwindigkeiten auf vielen Autobahnen sind ein großes Sicherheitsrisiko und fördern einen erhöhten Schadstoffausstoß sowie mehr Lärm. Wir fordern deshalb eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen deutschen Autobahnen.

  • Fahrradverkehr:

Das Fahrrad ist für uns ein elementarer Bestandteil der Verkehrswende, denn er kommt allen Menschen zugute, auch denjenigen, die überwiegend das Auto nutzen oder zu Fuß gehen. Radverkehr ist als umweltfreundlicher Verkehr weder mit Lärm noch mit schädlichen Emissionen verbunden und sein Flächenbedarf ist gering. Zusammen mit dem ÖPNV und dem Fußverkehr bietet er die Möglichkeit, insbesondere die Innenstädte vom Kraftfahrzeugverkehr und damit vom Stau sowie von Schadstoffen und Lärm zu entlasten. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden Städte, Gemeinden und Regionen mit hohen Radverkehrsanteilen meistens als besonders lebendig und lebenswert bewertet. Dafür müssen Fahrräder jederzeit verfügbar sein. Das wollen wir u.a. durch verstärktes Bikesharing erreichen. Nur wem schnell, unbürokratisch und günstig ein Fahrrad zur Verfügung steht, zieht es als alternatives Verkehrsmittel in Betracht.

Die Abstellung und Verwahrung von Fahrrädern muss deutlich verbessert werden. Unhaltbare Zustände wie die am Braunschweiger Hauptbahnhof schaden der Attraktivität der Stadt und machen das Radfahren insgesamt unattraktiv. Unsere Devise lautet daher: Mehr Fahrradständer, -boxen oder -häuser, je nach Standort eine Kombination verschiedener Varianten und diese möglichst in direkter Nähe zu Bus und Bahn. Da inzwischen immer mehr E-Bikes auf unseren Straßen unterwegs sind, sind zukünftig auch Lademöglichkeiten an Abstellanlagen und weiteren wichtigen Plätzen vorzuhalten.

Städte und Gemeinden sollten ganzheitliche Ansätze in Betracht ziehen und Verkehrsentwicklungspläne erstellen, in denen der Radverkehr eine prominente Stellung einnimmt. Innerhalb dieses Prozesses ist ein Radverkehrsplan zu erstellen, um den Bedarf an zusätzlichen oder auszubauenden Strecken zu ermitteln. Neben zusätzlichen Fahrradwegen bzw. Fahrradschnellwegen ist es evident, diese laut aktueller Richtlinien ausreichend breit und barrierefrei zu errichten. Dies gilt im Übrigen besonders im Bereich von Kreuzungen, um Unfällen vorzubeugen.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Material an die SPD-Bundestagsfraktion, Material an die SPD-Landtagsfraktion
Beschluss: Überweisung
Text des Beschlusses:

Die weiter steigenden Emissionen im Verkehrssektor belegen: Deutschland investiert nicht genug in umweltschonende Verkehrs- & Transportmittel. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan von 2016 zementiert diesen Umstand, da weiterhin der größte Teil der Investitionen in den Straßenverkehr fließt und die Schiene lediglich einen Anteil von 41% am Gesamtvolumen erhält. Angesichts der nationalen und europäischen Klimaziele sowie der politischen Statements, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, eine widersinnige Verkehrspolitik.

Wir brauchen eine ernst gemeinte Verkehrswende, mit entsprechenden Planungen und Investitionen. Dabei kommt der Schiene im Nah-, Güter- und Fernverkehr eine besondere Rolle zu.

  • Schienenpersonennahverkehrs (SPNV):

Im Rahmen der Bahnreform trat 1994 das Regionalisierungsgesetz in Kraft, das die Verantwortung für den SPNV schließlich 1996 vom Bund auf die Länder übertrug. In Nahverkehrsgesetzen wurde die Organisation in den einzelnen Bundesländern geregelt. Einige Bundesländer übernahmen die Bestellung des SPNV selber, in manchen wurden Kommunen und Zweckverbände mit der Bestellung der Verkehrsleistungen beauftragt. In Niedersachsen wurden für die Großräume Hannover und Braunschweig Kommunalverbände gegründet, für das übrige Land wurde die Landeseisenbahngesellschaft LNVG eingerichtet.

Die Bundesländer erhalten vom Bund jedes Jahr sogenannte Regionalisierungsmittel, die sie für die Bestellung des SPNV verwenden. Diese Finanzmittel werden nach einem festgelegten Schlüssel unter den Bundesländern aufgeteilt. Der Großteil der Regionalisierungsmittel wird für die Begleichung der Bestellerentgelte im SPNV verwendet. Der Restbetrag steht den Bundesländern für Schienen-Infrastrukturmaßnahmen, Bestellung von Mehrverkehr oder für den allgemeinen ÖPNV (d.h. Busverkehr) zur Verfügung. Wir fordern unter dem Gesichtspunkt steigender Verkehrsleistungen, auch nach bereits erfolgten Erhöhungen, eine weitere Aufstockung der Mittel.

Steigende Trassenpreise, Entgelte an DB Station & Service und wachsende Aufwände für Energie machen eine kontinuierliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel notwendig. Dem kann nur mit einer Reduktion der Trassennutzungsgebühren durch Neuregelungen der Infrastrukturfinanzierung entgegengewirkt werden.

Die Aufgabenträger schreiben die zu erbringenden Leistungen europaweit aus und beauftragen anschließend Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) wie die DB Regio und andere private EVU wie die Westfalenbahn oder Metronom mit der Erbringung des Schienenpersonennahverkehrs. Neben der Verkehrsleistung werden auch bestimmte Qualitätsmerkmale definiert, deren Erfüllung über Bonus-Malus-Vereinbarungen sichergestellt wird. Für die zu erbringende Leistung erhält das EVU vom Aufgabenträger ein Entgelt. Je nach Vertragsgestaltung behält das EVU die Fahrgeldeinnahmen (Nettovertrag) oder reicht sie an die Aufgabenträger weiter (Bruttovertrag). Da Bruttoverträge den Vorteil haben, dass der Aufgabenträger bei steigenden Fahrgeldeinnahmen u.U. Leistungen nachbestellen kann, sollte dies die bevorzugte Variante eines Verkehrsvertrags sein. Durch die unterschiedliche Handhabung in den Bundesländern gibt es sehr viele Aufgabenträger, die regions- und  bundeslandübergreifend kooperieren müssen. Beispielsweise waren an der Ausschreibung des Elektronetz Niedersachsen- (ENNO) drei Aufgabenträger beteiligt.

Für die Festschreibung von Sitzplatzkapazitäten und die geplante Ausstattung der Fahrzeuge müssen vorab qualitativ hochwertige Verkehrserhebungen und -prognosen durchgeführt werden. Fehler in der Fahrgastprognose senken die Qualität für viele Jahre drastisch, so führen zu wenige Türen zu längeren Fahrgastwechselzeiten, die wiederum Verspätungen und damit eine niedrigere Betriebsqualität bedeuten. Die Sitzplatzkapazitäten sollten flächendeckend ausgeweitet werden, außerdem muss es größere Mehrzweckbereiche geben, um eine größere Anzahl von Fahrrädern und Rollstühlen transportieren zu können. Da aufgrund von Zulassungsproblemen und häufigen „Kinderkrankheiten“ neue Fahrzeuge nicht immer zu Beginn des Verkehrsvertrages in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen und es in Deutschland keinen Markt für gebrauchte Schienenfahrzeuge gibt, versuchen einige Aufgabenträger dieser Entwicklung mit Fahrzeugpools, einer Wiederzulassungsgarantie im nächsten Ausschreibezeitraum oder der Bestellung standardisierter Fahrzeuge entgegenzuwirken. Ebenso sollten sich die Aufgabenträger für den im SPNV-Markt angestrebten Flächentarifvertrag für Arbeitnehmer*innen stark machen und dies in die Ausschreibungen mitaufnehmen. Die Übernahme der Mitarbeiter*innen zu gleichen Konditionen ist bei Ausschreibungen in Europa, mit Ausnahme von Deutschland, üblich.

  • Schienenpersonenfernverkehr (SPFV):

Im Gegensatz zum SPNV wird der Schienenpersonenfernverkehr heute eigenwirtschaftlich erbracht. Bei einem Marktanteil von 99,9 % hat die Deutsche Bahn mit ihrer Tochtergesellschaft DB Fernverkehr eine Monopolstellung, die dazu führt, dass sich die Deutsche Bahn grundsätzlich die Strecken aussuchen kann, auf der sie Fernverkehr anbietet. Auf diesen kommt es dann oft zu unregelmäßigen Angeboten, das heißt Taktlücken, eingeschränkten Verkehrstagen oder verkürzten Zügen. Die im Grundgesetz verankerte Daseinsvorsorge vernachlässigt der Bund an dieser Stelle bis heute. Viele große Städte wie Krefeld und Chemnitz hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit vom Fernverkehr abgehängt.

Konkurrenten der Deutschen Bahn haben es schwer als Wettbewerber in den Fernverkehrsmarkt einzusteigen, da es hohe Eintrittsbarrieren gibt: ein eingeschränkter Zugang zum Schienennetz, hohe Trassen- und Stationsentgelte, aber auch die Publikation der angebotenen Verkehre, der Fahrkartenvertrieb und sonstige tarifliche Schwierigkeiten wie die Anerkennung von Bahncards. Das Beispiel des Hamburg-Köln-Express (HKX) zeigt die Bedeutung der tariflichen Integration: seit der HKX den C-Tarif der Bahn anerkennt, sind die Fahrgastzahlen deutlich gestiegen.

Trotz der geplanten Fernverkehrsoffensive, den Fernverkehr also wieder stärker in die Fläche zu tragen, muss der Bund seine Infrastruktur unabhängig von den Interessen einzelner Eisenbahnverkehrsunternehmen planen. Ähnlich der Strategie „Bahn 2000“ in der Schweiz, die der Bund und die Eisenbahninfrastruktur- und -verkehrsunternehmen gemeinsam entwickelt haben und dabei die Kund*innen im Mittelpunkt sahen, müssen wir die deutsche Verkehrsplanung weiterentwickeln. Dazu gehört, einen kundenorientierten Fernverkehrsplan zu entwickeln, der ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestangebot im SPFV enthält.

Um ferner die Akzeptanz des Schienenfernverkehrs zu erhöhen, ist es notwendig, die Mehrwertsteuer auch für den Fernverkehr von 19% auf 7% zu senken und somit die Auslastung der Züge zu verbessern.

  • Grenzüberschreitender Schienenverkehr:

In Europa existieren viele historisch gewachsene nationale Bahnsysteme, die sich in der Spurweite, dem Lichtraumprofil, dem Stromsystem oder den Zugbeeinflussungs- & Sicherungssystemen unterscheiden und damit einen grenzüberschreitenden Bahnverkehr behindern. So ist bei internationalen Zügen meistens ein Lokwechsel im jeweiligen Grenzbahnhof nötig, in besonders schwierigen Fällen müssen Fahrgäste umsteigen oder Güter umgeladen werden. Aufwändige nationale Zulassungsverfahren erschweren die Verwendung von Mehrsystemfahrzeugen, die auf verschiedenen Bahnnetzen verkehren können. Nicht abgestimmte technische Systeme, bspw. optisch ähnliche Signalbegriffe mit national vollkommen unterschiedlicher Bedeutung oder eine nicht identische Bemessung von Bremswegen, tragen dazu bei, dass grenzüberschreitender Schienenverkehr ineffizient und teuer ist und darüber hinaus ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Durch die Umsetzung des europäischen Binnenmarktes und der wachsenden wirtschaftlichen Verbindungen sind das Transportaufkommen und die Wettbewerbsintensität im grenzüberschreitenden Verkehr in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Heute ist annähernd die Hälfte des europäischen Schienengüterverkehrs (SGV) dem grenzüberschreitenden Verkehr zuzuordnen. Durch die Globalisierung wird eine weitere Konzentration des SGV auf langlaufende nationale und internationale Verbindungen prognostiziert, was im Grunde auch dem Systemvorteil schienengebundenem Verkehrs entspricht. Jedoch offenbart sich hier, wie sehr der Schienenverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern benachteiligt wird. Insbesondere die Qualität des SGV kann immer weniger mit dem Straßengüterverkehr mithalten. Durchschnittliche (Fahrplan-)Transportgeschwindigkeiten von unter 20 Stundenkilometern, durch Grenzaufenthalte induzierte Verspätungen, mangelnde zeitliche Flexibilität, sowie unklare Zuständigkeiten führten dazu, dass der Verkehrsleistungsanteil des SGV am gesamten Gütergrenzverkehr in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist.

Die Europäische Union hat sich daher bereits in den 1980er Jahren das Ziel gesetzt, wesentliche Elemente des europäischen Schienenverkehrs zu vereinheitlichen. Das elementare Ziel der europäischen Politik zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Schienenverkehrsmarktes ist, zwischen den nationalstaatlichen Netzen für Interoperabilität zu sorgen, also einer Verknüpfungsqualität, die einen nahtlosen Übergang an den Schnittstellen ermöglicht. Um dies zu erreichen, wurden die TSI (Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität) eingeführt, mit deren Hilfe grundlegende Anforderungen an die Fahrzeuge und die Infrastruktur festgelegt werden. Des weiteren wurden umfangreiche Richtlinien-Pakete verabschiedet, welche die rechtliche Basis für einen freien Netzzugang schufen (Marktöffnung, intramodaler Wettbewerb) und die Eisenbahnsicherheit erhöhten.

Einen Schwerpunkt der von der EU geförderten Forschungen bildet die Entwicklung des europäischen Betriebsleit- und Informationssystems ERTMS (European Rail Traffic Management System), dessen Bestandteil ETCS (European Train Control System) als europäischer Nachfolger der nationalen Signalsysteme etabliert werden soll. Dieses muss rasch flächendeckend installiert werden.

Die Bilanz dieser Bemühungen ist jedoch ernüchternd. Wichtige (Güter-)Transitländer wie Deutschland haben ihre grenzüberschreitenden Verbindungen trotz steigendem Verkehrsaufkommens nur marginal ausgebaut. Die bisherigen Investitionen haben kaum mehr als den Erhalt der bisherigen Infrastruktur ermöglicht. Dabei ist das Potenzial der Schiene bei weitem noch nicht ausgeschöpft und muss mittels erhöhter Investitionen und Planungskapazitäten gehoben werden. Neben den bestehenden Strecken brauchen wir ferner mehr grenzüberschreitende Strecken, um etwa dem Flugverkehr Marktanteile abzunehmen.

  • Integraler Taktfahrplan im Schienenverkehr:

Um den Schienenverkehr grundlegend zu verbessern, bedarf es einer anderen Planungsphilosophie wie bisher. Wurde Infrastruktur aus- oder neugebaut, so wurde erst anschließend versucht, auf dieser bereits gebauten Infrastruktur einen Fahrplan zu konstruieren.

Am Beispiel Schweiz zeigt sich, dass es deutlich mehr Sinn macht, vom gewünschten Ergebnis aus zu planen. Man muss sich also Gedanken machen, welche Reisezeit man zwischen zwei Knotenbahnhöfen erreichen muss, um an beiden Bahnhöfen optimale Anschlüsse zu generieren.

Dieses Konzept nennt man Integraler Taktfahrplan. Dabei erreichen die Züge etwa gleichzeitig einen Knotenbahnhof in regelmäßigem Takt und bieten dort innerhalb eines kurzen Zeitfensters von 5-15 Minuten Anschlüsse in alle Richtungen, bevor sie diesen wieder verlassen.

Die deutsche Bundesregierung hat 2017 eine Studie veröffentlicht, die einen deutschlandweiten integralen Taktfahrplan („Deutschland-Takt“) grundsätzlich für machbar hält. Im Koalitionsvertrag der aktuellen, im März 2018 gebildeten Bundesregierung heißt es: „Wir werden die Umsetzung des Deutschlandtakts vorantreiben. Die dafür vorgesehenen Aus- und Neubaumaßnahmen wollen wir bevorzugt realisieren. Unser Ziel ist, vertakteten Fernverkehr auf der Schiene deutlich zu stärken, das beinhaltet auch eine Ausweitung des Angebots auf größere Städte und Regionen, so dass mehr Menschen von Direktverbindungen im Fernverkehr profitieren.“

Eine einseitige Betrachtung des Fernverkehrs darf es nicht geben, nur durch eine integrierte Betrachtung von Nah-, Güter- und Fernverkehr lässt sich ein sinnvoller Taktfahrplan erreichen.

  • Nachhaltiger Infrastrukturausbau:

Ein wesentliches Ziel von Nachhaltigkeit ist die Reduzierung des Flächenverbrauchs. Während für Straßen viel Platz benötigt wird, kommen Bahnstrecken oft mit deutlich weniger Fläche aus. Unser Ziel sind mehr Bahnstrecken, die entsprechendem dem integralen Taktfahrplan ausgebaut werden. Der Tunneleinsturz bei Rastatt im August 2017 hat eindrücklich gezeigt, welche großen Probleme fehlende Ausweichstrecken verursachen. Deshalb müssen diese in künftigen Bundesverkehrswegeplänen bzw. Kosten-Nutzen-Untersuchungen berücksichtigt werden.

Mit Blick auf die Zukunft wird die Verfügbarkeit fossiler Rohstoffe deutlich sinken, deshalb benötigen wir vor allem mehr elektrisch befahrbare Bahnstrecken. Der aktuelle Elektrifizierungsgrad liegt in Deutschland lediglich bei gerade einmal 60%, die restlichen Strecken werden fast ausnahmslos mit Dieselloks und -triebwagen befahren. Effektive Baumaßnahmen erfordern eine Beschleunigung der bisweilen langwierigen Planungs- und Bauphasen von Infrastrukturprojekten. Bei diesen ist im weiteren Verlauf darauf zu achten, dass auch infrastrukturseitig größere Kapazitäten eingeplant werden. Vielerorts sind mehr Gleise und vor allem längere Bahnsteige notwendig. Damit ein großer Ausbau des deutschen Bahnnetzes gelingen kann, muss der bisherige Sparzwang und die Investitionszurückhaltung aufgegeben werden. Die Verstaatlichung des deutschen Bahnnetzes ist ein wichtiger Beitrag, um eine angemessene und umweltschonende Verkehrsinfrastruktur vorzuhalten.

Ebenso wichtig ist für uns, die Privatisierung von Autobahnen zu vermeiden, da dies lediglich zu steigenden Kosten für die Allgemeinheit führt, wie uns bereits einige Beispiele gelehrt haben. Auch hier kommt es darauf an, die Mittel möglichst effektiv einzusetzen und im Vorfeld den Planungs- und Genehmigungsaufwand zu reduzieren.

  • Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV):

Vor allem in größeren Städten ist der ÖPNV unverzichtbar geworden. Regionalzüge, Straßenbahnen, Busse und U-Bahnen können dort ihren Systemvorteil als Massentransportmittel voll entfalten. In dichtem Takt verkehrende und gut miteinander vernetzte Verkehrsmittel bilden eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr.

Aber auch in weniger dicht besiedelten Gegenden ist der ÖPNV eine ernstzunehmende Alternative, sofern gewisse Kriterien erfüllt sind. Gerade in Tagesrandzeiten unterliegt man einem subjektiven Gefühl der Unsicherheit, mangelnde Anschlüsse, fehlende Beleuchtungen und verlassene Haltestellen tragen dazu bei. Der Staat muss hier seiner Aufgabe der Daseinsvorsorge nachkommen und Mobilität für alle gewährleisten. Ein dichterer Takt, ausgeweitete Betriebszeiten, mehr Kundenservice mit Ansprechpartnern vor Ort, gute Beleuchtung, sichere Anschlüsse, mehr Direktverbindungen und sauberen Haltestellen und Verkehrsmittel machen den ÖPNV insgesamt attraktiver.

Auch wenn der ÖPNV nicht überall kostendeckend betrieben werden kann, steht für uns der Mensch im Mittelpunkt. Wir wollen eine verstärkte Ausrichtung nach den tatsächlichen Kundenbedürfnissen erreichen. Um die finanziellen Defizite dennoch zu begrenzen, soll in sehr dünnbesiedelten Gegenden verstärkt über Anrufsammeltaxis, Anruflinientaxis oder Kleinbusse nachgedacht werden. Das Ziel muss sein, jeden Ort in Deutschland mit dem ÖPNV regelmäßig erreichbar zu machen.

Höhere Investitionen in die Erforschung von alternativen Energiekonzepten sind notwendig, um auch den straßengebundenen Verkehr umweltschonend zu gestalten. Diese Forschungen sollten jedoch möglichst technologieoffen erfolgen. Langfristig müssen alle auf fossilen Energieträgern basierenden Verkehrsmittel zwingend ersetzt werden, dies kann zum Beispiel durch Elektrobusse mit integrierter Feststoffbatterie oder Brennstoffzellenantriebe erfolgen.

  • Motorisierter Individualverkehr (MIV):

Da das Mobilitätsbedürfnis der Menschen kontinuierlich wächst, ist auch der PKW-Verkehr weiterhin von Bedeutung. Jedoch müssen diesem angesichts seiner vielfältigen Nachteile Grenzen gesetzt werden. Dies gilt ebenso dem Lkw-Verkehr, der schon seit Jahren erfolglos auf die Schiene verlagert werden soll. Zunehmend schwerere und längere Straßengütertransporte verursachen infolge höherer Belastungen der Straßen und Brücken vermehrt Schäden, die aufwendig repariert werden müssen. Immer mehr Brücken müssen sogar komplett ersetzt werden.

Aber auch eine Reduzierung des ruhenden Verkehrs, das heißt der parkenden Fahrzeuge, wird vielerorts deutliche Verbesserungen erzielen. Straßenflächen, die in großer Menge und oft ungenutzt vorgehalten werden sowie geplante Straßenverkehrsflächen wie Ortsumgehungen, können zukünftig anderweitig nutzbar gemacht werden, dies könnte Wohnungsmangel vorbeugen und mehr Raum für die Landwirtschaft schaffen. Nichtsdestotrotz erachten wir es als notwendig, die Verknüpfung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu verbessern und mehr Park-and-Ride-Plätze anzubieten.

Neben dem Platzbedarf sprechen auch noch weitere Gründe für dringend notwendige Veränderungen. Verkehrssicherheit beschäftigt viele Menschen. Erwiesenermaßen ist das Risiko, im Straßenverkehr zu verunfallen, deutlich höher als bei allen anderen Verkehrsmitteln. Besonders die hohen Geschwindigkeiten auf vielen Autobahnen sind ein großes Sicherheitsrisiko und fördern einen erhöhten Schadstoffausstoß sowie mehr Lärm. Wir fordern deshalb eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen deutschen Autobahnen.

  • Fahrradverkehr:

Das Fahrrad ist für uns ein elementarer Bestandteil der Verkehrswende, denn er kommt allen Menschen zugute, auch denjenigen, die überwiegend das Auto nutzen oder zu Fuß gehen. Radverkehr ist als umweltfreundlicher Verkehr weder mit Lärm noch mit schädlichen Emissionen verbunden und sein Flächenbedarf ist gering. Zusammen mit dem ÖPNV und dem Fußverkehr bietet er die Möglichkeit, insbesondere die Innenstädte vom Kraftfahrzeugverkehr und damit vom Stau sowie von Schadstoffen und Lärm zu entlasten. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden Städte, Gemeinden und Regionen mit hohen Radverkehrsanteilen meistens als besonders lebendig und lebenswert bewertet. Dafür müssen Fahrräder jederzeit verfügbar sein. Das wollen wir u.a. durch verstärktes Bikesharing erreichen. Nur wem schnell, unbürokratisch und günstig ein Fahrrad zur Verfügung steht, zieht es als alternatives Verkehrsmittel in Betracht.

Die Abstellung und Verwahrung von Fahrrädern muss deutlich verbessert werden. Unhaltbare Zustände wie die am Braunschweiger Hauptbahnhof schaden der Attraktivität der Stadt und machen das Radfahren insgesamt unattraktiv. Unsere Devise lautet daher: Mehr Fahrradständer, -boxen oder -häuser, je nach Standort eine Kombination verschiedener Varianten und diese möglichst in direkter Nähe zu Bus und Bahn. Da inzwischen immer mehr E-Bikes auf unseren Straßen unterwegs sind, sind zukünftig auch Lademöglichkeiten an Abstellanlagen und weiteren wichtigen Plätzen vorzuhalten.

Städte und Gemeinden sollten ganzheitliche Ansätze in Betracht ziehen und Verkehrsentwicklungspläne erstellen, in denen der Radverkehr eine prominente Stellung einnimmt. Innerhalb dieses Prozesses ist ein Radverkehrsplan zu erstellen, um den Bedarf an zusätzlichen oder auszubauenden Strecken zu ermitteln. Neben zusätzlichen Fahrradwegen bzw. Fahrradschnellwegen ist es evident, diese laut aktueller Richtlinien ausreichend breit und barrierefrei zu errichten. Dies gilt im Übrigen besonders im Bereich von Kreuzungen, um Unfällen vorzubeugen.

 

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: