11/I/2021 Vermeidung von sekundärer Viktimisierung durch mediale Berichterstattung

Status:
Überweisung

Um eine sekundäre Viktimisierung der Opfer von Unglücksfällen/Straftaten/Anschlägen sowie deren Angehörigen zu vermeiden, fordern wir einen weitergehenden Opferschutz bei medialer Berichterstattung. Für uns bedeutet das konkret:

  1. Weitergehender Opfer- und Identitätsschutz: Die mediale Inszenierung von Unglücksfällen durch sog. Opfergalerien oder andere Veröffentlichungen von Bildern und Fotos der Opfer soll verhindert werden. Kinder und Jugendliche sind dabei besonders schutzbedürftig. Medienvertreter*innen greifen meist auf Bilder aus sozialen Netzwerken oder andere Seiten im Internet zurück, wenn die Opfer bzw. die Angehörigen selbst keine Bilder aushändigen wollen oder ihre Zustimmung zu einer Veröffentlichung verweigern. Dies stellt einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar, der in aller Regel nicht durch das öffentliche Interesse kompensiert werden kann. Die Identität des Opfers ist für das Verständnis einer Tat in den allermeisten Fällen unerheblich. So sieht es auch der Pressekodex. Das oft verwendete Verpixeln der Gesichter ist für eine Anonymisierung nicht ausreichend, da eine Identifizierbarkeit durch den Kontext und insb. für das Umfeld der Betroffenen dennoch möglich ist.
  2. Besserer Schutz der Angehörigen: Den Angehörigen oder im schlimmsten Fall Hinterbliebenen soll genug Möglichkeit zur Verarbeitung oder Trauerbewältigung gegeben werden. Die Belagerung der Angehörigen am Wohnort, um nahe und exklusive Informationen zu erlangen, ist ein respektloser Eingriff in die Intimsphäre und führt zu einer erneuten Viktimisierung. Auch wenn Angehörige von sich aus mit Medienvertreter*innen reden wollen, sollen Veröffentlichungen der Gesprächsinhalte nur mit nachträglich ausdrücklichem Einverständnis veröffentlicht werden dürfen. Ebenfalls sollen Gedenkstätten sowie für die Trauer essentielle Veranstaltungen wie Beerdigungen und Trauerfeiern besser vor medialen Übergriffen geschützt werden. Für die Verarbeitung bzw. Trauerbewältigung ist es von großer Bedeutung die Berichterstattung und Recherche vor Ort so kurz wie möglich zu halten.
  3. Aktive Recherchen des Presserates zu Verletzungen des Pressekodexes: Der Presserat behandelt ausschließlich Missstände, die ihm vorgetragen werden. Opfer medialer Fehlverhalten müssen sich selbst melden. Dies führt dazu, dass nur ein kleiner Teil der tatsächlichen Missstände vom Presserat behandelt wird. Aus diesem Grund sollte der Presserat insb. bei Ereignissen mit einem hohen medialen Interesse selbst aktiv Recherche bzgl. der Missachtungen des Pressekodexes betreiben und ohne Beschwerden von Betroffenen handeln.
  4. Konsequenzen für bewusste Verletzungen des Pressekodexes: Nachträgliche Rügen durch den Presserat bei Missachtung des Kodexes sind nicht zielführend. Sobald die den Kodex missachtenden Stellen veröffentlicht werden, kann auch eine nachträgliche Rüge den Betroffenen insb. in Fällen der Identifizierung nicht helfen. Daher müssen weitergehende Konsequenzen bei bewusster Missachtung geschaffen werden, die die Schwelle zur Verletzung des Kodexes für die Medienvertreter*innen anhebt.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Material an den SPD-Landesvorstand
Beschluss: Überweisung
Text des Beschlusses:

Um eine sekundäre Viktimisierung der Opfer von Unglücksfällen/Straftaten/Anschlägen sowie deren Angehörigen zu vermeiden, fordern wir einen weitergehenden Opferschutz bei medialer Berichterstattung. Für uns bedeutet das konkret:

  1. Weitergehender Opfer- und Identitätsschutz: Die mediale Inszenierung von Unglücksfällen durch sog. Opfergalerien oder andere Veröffentlichungen von Bildern und Fotos der Opfer soll verhindert werden. Kinder und Jugendliche sind dabei besonders schutzbedürftig. Medienvertreter*innen greifen meist auf Bilder aus sozialen Netzwerken oder andere Seiten im Internet zurück, wenn die Opfer bzw. die Angehörigen selbst keine Bilder aushändigen wollen oder ihre Zustimmung zu einer Veröffentlichung verweigern. Dies stellt einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar, der in aller Regel nicht durch das öffentliche Interesse kompensiert werden kann. Die Identität des Opfers ist für das Verständnis einer Tat in den allermeisten Fällen unerheblich. So sieht es auch der Pressekodex. Das oft verwendete Verpixeln der Gesichter ist für eine Anonymisierung nicht ausreichend, da eine Identifizierbarkeit durch den Kontext und insb. für das Umfeld der Betroffenen dennoch möglich ist.
  2. Besserer Schutz der Angehörigen: Den Angehörigen oder im schlimmsten Fall Hinterbliebenen soll genug Möglichkeit zur Verarbeitung oder Trauerbewältigung gegeben werden. Die Belagerung der Angehörigen am Wohnort, um nahe und exklusive Informationen zu erlangen, ist ein respektloser Eingriff in die Intimsphäre und führt zu einer erneuten Viktimisierung. Auch wenn Angehörige von sich aus mit Medienvertreter*innen reden wollen, sollen Veröffentlichungen der Gesprächsinhalte nur mit nachträglich ausdrücklichem Einverständnis veröffentlicht werden dürfen. Ebenfalls sollen Gedenkstätten sowie für die Trauer essentielle Veranstaltungen wie Beerdigungen und Trauerfeiern besser vor medialen Übergriffen geschützt werden. Für die Verarbeitung bzw. Trauerbewältigung ist es von großer Bedeutung die Berichterstattung und Recherche vor Ort so kurz wie möglich zu halten.
  3. Aktive Recherchen des Presserates zu Verletzungen des Pressekodexes: Der Presserat behandelt ausschließlich Missstände, die ihm vorgetragen werden. Opfer medialer Fehlverhalten müssen sich selbst melden. Dies führt dazu, dass nur ein kleiner Teil der tatsächlichen Missstände vom Presserat behandelt wird. Aus diesem Grund sollte der Presserat insb. bei Ereignissen mit einem hohen medialen Interesse selbst aktiv Recherche bzgl. der Missachtungen des Pressekodexes betreiben und ohne Beschwerden von Betroffenen handeln.
  4. Konsequenzen für bewusste Verletzungen des Pressekodexes: Nachträgliche Rügen durch den Presserat bei Missachtung des Kodexes sind nicht zielführend. Sobald die den Kodex missachtenden Stellen veröffentlicht werden, kann auch eine nachträgliche Rüge den Betroffenen insb. in Fällen der Identifizierung nicht helfen. Daher müssen weitergehende Konsequenzen bei bewusster Missachtung geschaffen werden, die die Schwelle zur Verletzung des Kodexes für die Medienvertreter*innen anhebt.

 

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: